Kritik: Snowden

2 von 3 Punkten: Oliver Stone in Bestform: Informativer biographischer Thriller mit dezenter Dramatisierung

Genre: Biography, Thriller, Drama
Erscheinungsjahr: 2016
Kinostart Deutschland: 22. September 2016
Cast: Joseph Gordon-Levitt, Shailene Woodley, Zachary Quinto, Rhys Ifans
Regie: Oliver Stone
Drehbuch: Kieran Fitzgerald, Oliver Stone
Budget: 40 Mio. USD

Patriot oder Verräter? Wenige Personen der Zeitgeschichte spalten die amerikanische Öffentlichkeit wie Edward Snowden. In der Verfilmung des Sachbuchs „The Snowden Files“ von Lukas Harding nähert sich Regisseur Oliver Stone der Figur auf informative und unterhaltsame Weise. Der Film beschreibt den Werdegang Snowdens vom ambitionierten Rekruten der US Army über seine Arbeit bei CIA und NSA bis zum desillusionierten Whistleblower. Dabei bringt der Film dem Publikum die wesentlichen Enthüllungen Edward Snowdens näher: die umfassende Überwachung der amerikanischen Bevölkerung und der weltweiten Telekommunikation durch die Geheimdienste.

Emotionale Wirkung: Ja.

Ich gebe zu: Ich bin kein großer Fan von Oliver Stone. Er mutierte in meinen Augen in den letzten Jahren zunehmend zu einem verschrobenen Kauz mit teilweise bizarren politischen Ansichten. Trauriger Tiefpunkt war „South of the Border“. In dieser Dokumentation kuschelte Stone peinlich unkritisch mit linkspopulistischen südamerikanischen Politikern wie Hugo Chávez und Evo Morales.

Vergangen schienen die Zeiten, in denen sich Stone durch Filme wie „Wall Street“ und „Born on the 4th of July“ einen Namen machte. Doch siehe da: Bei „Snowden“ hat Stone zu alter Form zurückgefunden. Der Film regt auf – aber aufgrund des Realitätsbezugs, nicht aufgrund eines Stone-typischen Spins. Die Realität hat es Stone natürlich leicht gemacht: Die Enthüllungen von Edward Snowden sind derart skandalös und die Geschichte spektakulär genug, dass es keiner besonderen Dramatisierung mehr bedurfte.

Kreativität: Nein.

„Snowden“ hält sich – abgesehen von einzelnen, dramatisierten Szenen sowie Sequenzen aus seinem Privatleben – an die tatsächlichen Ereignisse, insofern diese bekannt sind. Diese zurückhaltende Herangehensweise macht den Film nicht zu einem kreativen Meisterwerk, erscheint für das sensible Thema aber perfekt geeignet: Größere künstlerische Freiheiten würden mehr Angriffsfläche für Zweifler bieten.

Bei der Drehbuch-Adaption haben sich die Autoren einer bewährten Technik bedient: Sie erzählen die Geschichte mit Zeitsprüngen zwischen Snowdens Karriere bei Armee und Geheimdienst und seiner Zusammenarbeit mit dem Journalisten Glenn Greenwald und dessen Kollegen. Das gibt dem Film zusätzliches Tempo und Abwechslung, die bei einer linearen Erzählweise fehlen würden.

Handwerk & Plausibilität: Ja.

Okay – Joseph Gordon-Lewitt sieht nicht aus wie Edward Snowden! Und im Gegensatz zu „Looper“ trägt er dieses Mal kein CGI-Makeup. Das tut seiner Darstellung jedoch keinen Abbruch. Er liefert eine solide Performance und zeigt gekonnt die Zerrissenheit Snowdens zwischen Patriotismus und dem Bestreben, das moralisch Richtige zu tun. So kommt der Film erfreulicherweise weitgehend ohne platte Dialoge aus, die dem Zuschauer diesen Sachverhalt explizit um die Ohren hauen.

Unterstützt wird Gordon-Lewitt durch ein kleines, aber feines Ensemble, zu dem neben Zachary Quinto auch Shailene Woodley, Melissa Leo und Rhys Ifans gehören. Als nette Zugabe gibt es Nicolas Cage in einer kleinen – und endlich wieder seriösen – Rolle.

Fazit

„Snowden“ ist ein unterhaltsamer, solider Biopic-Thriller. Er bietet zwar prinzipbedingt keine bahnbrechend neuen Erkenntnisse, dafür erweckt er die bisher abstrakte Medienfigur Edward Snowden für ein breiteres Publikum zum Leben.

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